Achtsamkeit

Das Thema Achtsamkeit rückt zunehmend in den Fokus. Doch was hat das Thema Achtsamkeit mit Hundetraining zu tun? Ist das nicht eher etwas für Menschen die Yoga machen, meditieren, sich auf dem Selbstfindungs Weg befinden, oder ihre Beziehungsprobleme lösen möchten?

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Worauf achten wir im Alltag?

Nun ist es doch so, dass wir als HundebesitzerIn in einer intensiven Beziehung zu unserem Vierbeiner stehen – und umgekehrt. Wenn wir in unseren menschlichen Beziehungen genau hinsehen, können wir bemerken, dass es oft um Achtsamkeit geht, auch wenn wir uns dessen im Moment gar nicht bewusst sind. Meist fällt es uns erst dann auf, wenn uns etwas am Anderen stört. Einige der wohlbekanntesten Beispiele sind die Art und Weise wie unser/unsere PartnerIn die Zahnpasta Tube ausdrückt, oder die Kleidung faltet (oder nicht faltet), oder den Müll trennt (oder nicht), usw. Oft lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf das, was uns stört bzw. darauf, dass der andere Mitmensch etwas anders macht, als wir es üblicherweise tun – und wir
achten auf das Negative. Wir achten auf das, was im Außen geschieht. Aber achten wir auch darauf, wie es sich in uns anfühlt? Was fühle ich, wenn ich sehe, er/sie hat schon wieder die Tube in der Mitte gedrückt, oder am Spülbeckenrand liegen gelassen anstatt sie vom Ende her zu drücken bzw. wieder in den Zahnputzbecher zurückzugeben? Bin ich verärgert, genervt oder frustriert? Setze ich mich nun mit diesem Gefühl zum Frühstückstisch? Wie reagiert der/die PartnerIn, wenn ich in dieser Stimmung bin? Wird er plötzlich gereizt oder ungeduldig?

Achtsamkeit beim Hundetraining 

Falls dir, liebe Leserin, lieber Leser, dies bekannt vorkommt, dann erinnere dich daran, wenn du das nächste Mal mit deinem Hund interagierst. Denn unsere Hunde nehmen unsere innere Stimmung noch viel deutlicher wahr als wir Menschen. Und sie reagieren ähnlich gereizt oder ungeduldig wie wir Menschen.
Hier eine kleine Übung dazu: das nächste Mal, bevor du aus dem Haus gehst (z.B. zum Einkaufen) stelle dir vor, dass die Welt da draußen ein unfreundlicher Ort ist und es nur unmögliche, unfreundliche, unhöfliche Menschen gibt. Gehe wirklich in das Gefühl hinein und spüre es. Dann gehe außer Haus, mache deine Erledigungen – aber achte darauf, wie die Menschen auf dich reagieren. Dann, das nächste Mal, bevor du aus dem Haus gehst, stelle dir vor, dass die Welt der wundervollste Ort ist und dass es nur nette, freundliche und entgegenkommende Menschen gibt. Fühle auch dieses Mal in dieses wundervolle Gefühl hinein und gehe mit dieser Sicht auf die Welt hinaus und beobachte auch dieses Mal, was du erlebst und wie die Menschen sich verhalten.

Positive Achtsamkeit trainieren

Nun, was hast du erlebt? Gab es zwischen den beiden Ausgängen Unterschiede? Vermutlich, haben die Menschen, denen du begegnet bist auf deine innere Haltung entsprechend reagiert. Waren die Menschen beim ersten Ausgang eher unfreundlich? Hast du beim zweiten Ausgang freundlichere Mitmenschen getroffen? Nun ist dir sicher klar, dass auch die Hunde unsere Stimmungen so wahrnehmen. Nur, dass sie viel feinfühliger sind und vermutlich schon früher darauf reagieren, als wir uns unserer Stimmung bewusst sind. Nun gehen wir zum Beispiel der Zahnpasta-Tube zurück: das nächste Mal, wenn du dich darüber ärgerst, versuche in dieser Situation kurz inne zu halten, so wie wenn du beim Video auf die ‘Pause’-Taste drückst. Dann atme zwei bis dreimal tief aus und wieder ein (ja, zuerst ausatmen, dann einatmen). Nun nimm wahr, in welcher Stimmungslage du gerade warst: z.B. genervt, gestresst, hektisch, überdreht, unaufmerksam, was auch immer. Nimm es einfach wahr. Dann beobachte, was sich seit dem tiefen Atmen verändert hat. Bist du nun im Hier und Jetzt? Falls JA, dann wirst du bemerken, dass sich die Situation (z.B. der/die verärgerte PartnerIn) verändert hat (er/sie verhält sich diesmal anders: z.B. überrascht, oder ist gut aufgelegt). Bleib dran, es immer wieder in den unterschiedlichsten Situationen anzuwenden und beobachte, was sich verändert, wenn du kurz inne hältst, auf deine Emotion achtest, leise tief durchatmest und nichts sagst, sondern deine Emotion einfach weg-atmest. 

Achtsame Momente erleben

Spürst du, wie sich die inneren Wogen glätten und du ruhiger wirst? Wie reagiert dein Umfeld, deine Mitmenschen? Falls es noch nicht beim ersten Mal so richtig geklappt hat, sei gut zu dir, habe Geduld! Es geht hier nicht um richtig oder falsch, sondern nur darum, um sich selbst zu beobachten: probiere es einfach weiter, immer wieder. Nimm es leicht, mache es spielerisch. Durch Wiederholung wird es immer besser. Achtsamkeit kann jeder üben, es ist wie beim Fitnesstraining: durch regelmäßiges Üben wird es immer leichter und besser und eines Tages ist es dir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass du es automatisch machst, wenn du gestresst oder genervt bist. Du hast sicherlich bereits einige Situationen mit deiner Fellnase erlebt, die dich überrascht haben, weil dein Hund anders reagiert hat, als du erwartet hast. Kannst du dich noch an die Stimmung erinnern, in der du damals warst? Versuche, auch im Umgang mit deinem Hund dich, wie oben beschrieben, zu beobachten. Wie fühle ich mich? In welcher Stimmung bin ich gerade, wenn ich zum Beispiel mit dem Hund Gassi gehen möchte? Bin ich in Zeitnot und nervös? Wundere ich mich, weshalb der Hund wie aufgedreht hin und her läuft, wenn ich ihn in dieser Stimmung anleinen möchte? Vielleicht magst du das oben mit deinen Mitmenschen geübte Verhalten einmal bei deinem Hund üben. Beobachte dich und deine Fellnase, was sich in solchen Situationen verändert. Sammelt viele schöne achtsame Momente sowohl mit den Zwei- als auch mit euren
Vierbeinern! Viel Spaß beim Ausprobieren!

Achtsamkeits-Trainerin Doris Corel

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